Buchvorstellung "Interview mit dem Teufel" - eine literarische Pressekonferenz

Ort der Handlung ist das Tagungszimmer eines Hotels in einer mitteldeutschen Kleinstadt. Es findet eine Pressekonferenz statt, und angekündigt ist der Teufel höchstpersönlich. Eine Handvoll Journalisten ist erschienen, und selbstverständlich sind sie anfangs skeptisch. Dann aber enthüllt der Teufel derart biografische Details eines jeden Anwesenden, dass an einer Verbindung zu einer höheren Macht kein Zweifel mehr sein kann. Der Teufel eröffnet den Journalisten, dass er gekommen sei, um "die ganze Wahrheit" zu sagen.

 

Der ewig Böse

Böttcher stellt seinen Teufel als "gefallenen Engel" vor, der irgendwann aus den Thronsälen des Himmels verbannt wurde, lange vor Erschaffung der irdischen Welt. "Mein größtes Kapital war doch stets, dass ihr alle gar nicht wirklich an mich glaubt", sagt der Teufel. Dabei gelte er in allen Kulturen als "der ewig Böse" und "Urheber aller Gemeinheiten". Und allen Menschen gebühre daran "die Ehre der Mitschuld". Denn sie haben den "freien Willen", zwischen Licht und Finsternis zu wählen.

 

Vor dem Panorama der "wundervollen Symphonie des Universums" erörtert der Leibhaftige sodann die Pläne des Schöpfers für seine Welt. Auf die Frage eines Journalisten, welche Religion denn nun die richtige sei, antwortet er schlicht: "Keine." Religionen seien "billige Versuche, Gott mit Ritualen und Selbstgeißelungen zu bestechen". Dennoch argumentiert der Teufel weitgehend im Kontext der christlichen Überlieferung, vor allem, wenn er die Menschwerdung Gottes als dessen größten Coup schildert, der letztlich in eine bedingungslose Liebe führt.

 

Vorbild Mysterienspiele

Das Buch steht in der Tradition der christlich-literarischen Mysterienspiele, in denen immer wieder mal auch der Teufel vorkommt - als das schlechthin Böse, als Gegenspieler Gottes oder des Guten, als Verbündeter des Todes oder als listiger Versucher, in dessen Reden immer auch "ein Körnchen Wahrheit" steckt. Ähnliches versucht auch Böttcher: Er entwickelt aus Sicht des Teufels eine Art "roten Faden" quer durch die gesamte Heilsgeschichte, fernab jeden Buchstabenglaubens.

 

Reaktionen aus den Amtskirchen oder gar der universitären Theologie hat der Autor noch nicht: "Die werden wohl auch ausbleiben - mein Buch hat schließlich keinerlei wissenschaftliche Anmerkungen", sagt er. Man solle es "auch nicht verkniffeln oder in Schubladen stecken", das Schreiben der Dialoge habe "immerhin auch Spaß gemacht". Vor 500 Jahren wäre Böttcher vermutlich noch als Ketzer verurteilt worden, vor 200 Jahren hätte er mit seinem Stoff wohl automatisch einen Bestseller gelandet.

 

Literaturhinweis: "Interview mit dem Teufel", Jens Böttcher, Brendow-Verlag, 190 Seiten, 12,95 Euro