In der Kirche herrscht Stille. Plötzlich hallt ein gerufenes Simon Petrus" durch den Raum. Dass es dreißig Meter bis zur gewölbten, sternenverzierten Decke sind, lässt sich jetzt nicht nur sehen, sondern auch deutlich hören. Allerdings nur per Knopfdruck und über Kopfhörer: Für die Hamburger Hauptkirche St. Petri wurde in diesem Jahr der erste kirchenpädagogische Audio-Führer entwickelt, der sich in besonderer Form auch an blinde und sehbehinderte Menschen wendet. Mit Stimmen, Klängen und Musik wird der Sakralbau Besuchern plastisch vorgestellt.
Historische und theologische Erläuterungen
Detailgenau beschreibt der Audio-Führer die Kirche so, dass auch Nichtsehende sich ein Bild von ihr machen können, schwärmt die am Projekt beteiligte nordelbische Kirchenpädagogin Inge Hansen. Zudem helfe er blinden Menschen, sich auf ihrem Rundgang durch die Kirche zu orientieren. So werden Schrittentfernungen und Wegweiser nach Uhrzeiger-Stellung angegeben. 12 Uhr heißt "geradeaus", 3 Uhr ist "nach rechts", 6 Uhr bedeutet "rückwärts", 9 Uhr "nach links". Neben historischen und theologischen Erklärstücken gibt es Einspielungen von Orgel- und Chormusik, von Bibelzitaten und szenischen Dialogen.
Aus allen Ecken des Gotteshauses stimmen Posaunen nacheinander die ersten Takte des Kirchenliedes "Ein feste Burg" an. Musik spielt auf dem Audio-Guide eine wichtige Rolle. Mit ihr soll die Atmosphäre des Kirchenraums erfahrbar gemacht werden. Für die Aufnahmen wurde eigens ein Kunstkopf mit zwei Mikrofonen benutzt, um den Klang so realistisch wie möglich wiedergeben zu können. "Die Akustik ist der Schlüssel für einen guten Kirchenführer für Sehbehinderte", erklärt Projekt-Initiator Gerd Feldhusen. Am Klang erkenne der Blinde, ob er sich in seinem Wohnzimmer oder in einem viel größeren Raum befinde.
Audio-Ausleihe ab April
Eingespielt wurde der vom Evangelischen Rundfunkdienst Nord (ern) produzierte Audio-Führer von ehrenamtlichen Kirchenführern in Zusammenarbeit mit dem Christlichen Blindendienst und dem Pädagogisch-Theologischen Institut (PTI) Hamburg. Um die besonderen Bedürfnisse blinder Menschen zu erfahren, wurden im Vorfeld spezielle Führungen in St. Petri veranstaltet. Das Projekt wurde vom ökumenischen Verein "Andere Zeiten" mit 10.000 Euro und von der "Claere-Jung-Stiftung" mit 3.000 Euro unterstützt. Ab Anfang April soll der akustische Kirchenführer im "Shop" der Petri-Kirche zum Ausleihen erhältlich sein.
Mit dem Audio-Führer können Interessierte die Kirche im Alleingang und in ihrem eigenen Tempo erkunden. Das Menü steht auch in Blindenschrift zur Verfügung. An insgesamt vierzehn Stationen gibt es Infos zu Bildern und Skulpturen. Dazu gehört auch die 1490 entstandene Kreuzigungsruppe und der bronzene Löwenkopf am linken Türportal des Haupteingangs, Hamburgs ältestes Kunstwerk. Bis zum Kirchentag im Mai 2013 sollen alle Hamburger Hauptkirchen und der katholische Mariendom auf diese Weise hörbar gemacht werden und unter dem Motto "Hörspaziergänge" auf neue Weise sinnlich erlebbar sein - für Blinde wie Sehende.
Bei der Petrikirche 2/
Ecke Mönckebergstr.