Interreligiöser Dialog Hamburger Symposion zu Vernunft und Religion

In der Universität Hamburg waren Wissenschaftler von Judentum, Christentum und Islam zu einem interreligiösen Symposion zusammengekommen, um die Bedeutung der Vernunft in der Religion zu diskutieren. Vernunft sei notwendig, damit die Vertreter der drei Religionen überhaupt in einen Dialog treten können, sagte Tagungsleiter Günter Gorschenek.

 

Das Gute durch Vernunft erkennen

Im achten Jahrhundert hat es nach den Worten von Khorchide eine Ethik-Debatte islamischer Gelehrter gegeben, ob der Mensch das Gute allein durch den Koran oder auch durch die Vernunft erkennen könne. Erstere hätten im Laufe der Geschichte die Oberhand behalten. Es sei typisch für interreligiöse Gespräche, dass islamische Gelehrte allein auf den Koran verweisen, während christliche Vertreter nach Begründungen außerhalb der Heiligen Schrift fragen. Seiner Auffassung nach schenkt Gott dem Menschen Freiheit und verlässt sich auf dessen Vernunft.

 

Die Religion könne sich der Vernunft nicht unterwerfen, sagte Johannes Heil, Prorektor der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Der Aufbruch Abrahams und die geplante Tötung seines Sohnes Isaak seien Zeichen der "Unvernunft". Alle Religionen hätten in ihrem Kern einen "unerklärlichen Raum". Menschen könnten nur versuchen, sich diesem "Heiligen Raum" zu öffnen.

 

Gott und Religion unterscheiden

Die Vernunft verlangt nach den Worten des katholischen Theologen Elmar Klinger (Würzburg), Gott und Religion zu unterscheiden - je nachdem, ob Gott selber spreche oder ob über ihn gesprochen werde. Gott selbst übersteige alle Religionen. Mit Gott werde etwas benannt, was eigentlich unbenennbar und unsagbar sei.

 

Für den mennonitischen Theologen Fernando Enns (Amsterdam) ergibt sich die Forderung nach religiösen Toleranz aus der Bibel. Christen wüssten, dass die letzte Wahrheit nur bei Gott und nicht in der Religion gefunden werden könne.

 

Durch Mystik Religion erspüren

Problematisch ist die Rolle der Mystik im interreligiösen Dialog. Mystik sei dafür ungeeignet, weil sie sich religiösen Inhalten entziehe, kritisierte der Philosoph Richard Heinzmann (München). Mystik sei ein Weg, Religion zu spüren, sagte der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Zum Glauben gehöre auch Gefühl und Erinnerung. Gerade ihre mystische Ausrichtung etwa mache die Gemeinschaft von Taizé für junge Menschen attraktiv.

 

Die Mystik könne eine Brücke zwischen den Religionen sein, so Heil. Es könne hier aber leicht zu Missverständnissen kommen. Aus Sicht von Detlef Görrig, Islambeauftragter der Nordkirche, ist die spirituelle Dimension für ein echtes Verständnis der anderen Religion wichtig. Vertreter des interreligiösen Dialogs und Mystiker hätten gemeinsam, dass sie von ihren Religionen meist mit Argwohn betrachtet werden.

 

Veranstaltet wurde das Symposion unter anderem von der Akademie der Weltreligionen (Hamburg), der Arbeitsstelle Theologie der Friedenskirchen (Hamburg), der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste (Salzburg) und der Eugen-Biser-Stiftung (München). Referent Kardinal Karl Lehmann (Mainz) hatte seine Teilnahme aus Krankheitsgründen abgesagt.