kirche-hamburg.de: Frau Professor Albrecht, was ist das Gute an Grenzen?
Albrecht: Grenzen schützen uns. Wir würden unermüdlich arbeiten, fände der Tag nicht sein Ende in der Nacht. Die Haut ist eine natürliche Grenze meines Körpers. Für kleine Kinder sind geschützte Räume sehr wichtig: Früher legte man sie in den Laufstall, heute in das Gitterbettchen. Das sind nur ein paar Beispiele. Wer seine Grenzen nicht achtet, wird leichter krank.
Wann machen uns Grenzen Angst?
Wenn sie uns einengen und ausschließen. Wenn sie endgültig sind. Manchmal ist uns nicht klar, wie starr oder durchlässig eine Grenze ist. In der modernen Medizin ist der Tod kein Schicksal mehr, er beruht auf Entscheidungen. Die Rechtslage lässt es etwa zu, dass ein Beatmungsgerät abgestellt wird. Vorher muss jedoch eine sorgfältige Beratung stattfinden.
Was ist die Aufgabe einer Seelsorgerin in solchen Situationen - im Unterschied zu der eines Arztes?
Die Ärzte ringen um jede Möglichkeit der Behandlung – hin zum Leben. Seelsorger und Ethikberater begleiten auf dem Weg, auch in den Tod. Sie beachten, wie der Patient sich mitteilt, wie Familie und Freunde reagieren. Wenn sich die Zugehörigen im Glauben geborgen fühlen, ist die Situation für sie leichter zu ertragen. Sie tröstet der Gedanke, dass Gottes Liebe über den Tod hinausgeht.
Sie sprechen mit dem Intensivmediziner Dr. Oliver Detsch über das Thema "Grenzen mitten im Leben". Was erwartet die Zuhörer?
Der Abend bietet die Chance, sich mit existentiellen Fragen zu beschäftigen. Ich ermuntere dazu, eine eigene Haltung zu finden. Den einen richtigen Weg gibt es bei schweren Erkrankungen nicht. Jeder Mensch ist einzigartig und braucht eine individuelle Lösung. Man kann nicht alles vorhersehen. Aber eines ist klar: Die Medizin wird sich rasant weiterentwickeln.
Mitten im Leben an Grenzen stoßen
Vortrag und Diskussion
mit Professor Ruth Albrecht, Leiterin der "Arbeitsstelle Ethik im Gesundheitswesen" im Ev.-Luth. Kirchenkreisverband Hamburg, und dem Intensivmediziner Dr. Oliver Detsch, Chefarzt an der Asklepios Klinik Nord
Zeit: Montag, 17. März, 19-21 Uhr
Ort: Gemeindehaus der Vicelin-Kirchengemeinde, Saseler Markt 8