Was hatten Sie sich früher unter der Bahnhofsmission vorgestellt?
Mangat: Ich hatte keine konkrete Vorstellung und habe sie erst mit der Heilsarmee verwechselt. Die konkrete Arbeit war mir nicht vertraut und mit dem Wort „Mission“ im Namen habe ich zuerst missionarische oder evangelisierende Aufgaben verbunden. Aber als ich die Stellenanzeige sah, hat sie mich nicht mehr losgelassen und nach einem Gespräch mit der damaligen Leiterin, war ich sehr angetan von dem besonderen Arbeitsspektrum.
Was haben Sie vorher gemacht?
Ich habe 10 Jahre lang in der Sucht- und Drogenprävention mit Jugendlichen gearbeitet und eine Weiterbildung in Sozialmanagement abgeschlossen.
Wie verstehen Sie Ihre ‚Mission‘?
Ich möchte meine Person und Fähigkeiten hier einbringen. So habe ich zum Beispiel unseren Facebook- und Twitter-Auftritt angeschoben und Youtube-Videos online gestellt. Ich möchte mit diesen Maßnahmen erreichen, dass möglichst viele Menschen und insbesondere Jüngere unsere Einrichtung kennenlernen. Deshalb nehmen wir auch 20 bis 30 Schülerpraktikanten jährlich. Mit der Bahnhofsmission bieten wir ein praktisches, lebensnahes und extrem niedrigschwelliges Angebot, das den hilfesuchenden Gästen das Gefühl gibt, willkommen zu sein.
Wer kommt zu Ihnen?
Es sind Menschen in verschiedensten Notlagen, darunter zu einem Drittel klassisch „Reisende“. Das zweite Drittel unserer Besucher sind Menschen, die sich am Bahnhof aufhalten und zum Beispiel obdachlos, einsam, erkrankt, hilflos oder verwirrt sind. Und für ein weiteres Drittel sind wir die erste Anlaufstelle – zum Beispiel, wenn jemand nach einer Trennung oder nach einem Rausschmiss verzweifelt ist oder sich einsam fühlt. Viele unserer Gäste brauchen uns als Zuhörende für ihre Probleme.
Was hat sich seit dem Beginn vor 120 Jahren an der Bahnhofsmission verändert?
Während sich die Mitarbeiterinnen früher vor allem um die unbedarften, jungen Frauen vom Lande kümmerten, haben wir es heute mit dem Problem der globalisierten Armut zu tun. Heute kommen junge Männer aus dem Ausland, aus Krisen- und Kriegsregionen, weil sie hoffen, dass es in Hamburg alles besser wird. Diese Hilfesuchenden haben in Deutschland fast keinerlei Lobby. Und auch wir selbst müssen immer wieder hart um die Finanzierung unserer Arbeit kämpfen. Das zeigt sich unter anderem darin, dass unsere Räume sehr begrenzt sind. Dabei bräuchten diese Menschen dringend mehr Ruhe, Rückzugsmöglichkeiten, Essen, Trinken oder einen Schlafplatz. Denn die Notunterbringungen des Winters sind wieder geschlossen und alle Obdachlosenunterkünfte gnadenlos überfüllt.
Was tun Sie, um noch mehr Menschen für die Sorgen und Nöte Ihrer Besucher zu sensibilisieren?
Neulich hat mal ein kleiner Junge einer Besuchs-Schulklasse sehr schön unser Anliegen zusammengefasst. Er antwortete nämlich auf die Frage eines Mitschülers, was eigentlich Mission bedeutet – ‚Hey, das ist wie bei Computerspielen. Die haben eine ‚Mission from God’. Und ja – wir wollen für ‚den Nächsten da sein – egal, wer und was er ist. Ich sehe das als den Kern unserer Arbeit: Gutes zu tun. Und diese Mission vermitteln wir in der Öffentlichkeit am besten, wenn wir dazu einladen, einfach mal bei uns vorbei zu schauen. Wir haben schließlich immer geöffnet. Ob für Seitenwechsler (eine Weiterbildungsmöglichkeit für Führungskräfte, die den Kontakt zur Basis wieder gewinnen und erfahren möchten – www.seitenwechsel.com), Landfrauen, Nachwuchskräfte der Bundespolizei oder welche Interessierten auch immer.