Zum Weltsuizidpräventionstag Es gibt ein Leben nach dem Suizid - Hintergrundbericht

Die Jacobikirche in der Innenstadt will dafür ein Forum bieten und veranstaltet regelmäßig zum Gedenktag im September Gottesdienste und Foren zum Austausch. Fehrs möchte damit helfen, „die Angehörigen zu entlasten und versuchen, die Sprachlosigkeit zu überwinden.“

 

Weltwelt eine Million Suizidtote

Hamburg ist eine Suizid-Hochburg im Vergleich zu anderen Städten. Im vergangenen Jahr haben sich hier 219 Menschen selbst getötet. Die Dunkelziffer ist weit höher. Nach Angaben der Weltgesundheitsbehörde (WHO) bringen sich weltweit mehr Menschen um, als durch Kriege, Gewalt und Drogenkonsum getötet werden. Eine Millionen Menschen wählen den Suizid. In Deutschland sind das rund 10.000 Menschen. Mehr als zehn Mal so viele versuchen sich selbst zu töten, sagt Georg Fiedler. Der Psychologe arbeitet am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) im Therapiezentrum für Suizidgefährdete. Eine Einrichtung, die akut von der Schließung bedroht sei.

 

Jeder Suizidtote hinterlässt mindestens sechs bis acht ratlose Familienangehörige und Freunde. Immer wieder kreisen die Fragen nach dem Warum. Diese Haltung durchdringt die ganze Persönlichkeit. „Es gibt ein Leben vor dem Suizid und ein Leben nach dem Suizid“, erklärt Christiane Blömeke. Das Leben danach ist anders. Blömeke leitet die Selbsthilfegruppe Agus, die in der Jacobikirche Unterschlupf gefunden hat.

 

Man denkt, man hätte verhindern können

Immer wieder kommen Zeiten, da bricht die Trauer wieder durch“, sagt Blömeke deren Mann sich vor drei Jahren getötet hatte. Das Umfeld bietet dann kein Gesprächsfeld mehr. Dabei gab es keinen Abschied. „Warum hat er sich nicht an uns gewandt – die Frage bleibt über Jahre“, sagt sie. Und man denkt immer, dass man hätte verhindern können. Heute erkennt sie die Selbsttäuschung: Dann wäre die Tat an einem anderen Tag gekommen.

 

Piet Morgenbrodt ist Vater eines Sohnes, der sich getötet hat. Die Bewältigung der Trauer hat er in Bild und Installationen dargestellt, die in der Jacobikirche zu sehen ist. Etwa dass die Familie völlig aus Gleichgewicht gerät, nach dem Suizidtod. Nach wie vor gibt es Diskussionen, auch in den Selbsthilfegruppen. Gibt es zwei Arten von Suizid, einen Freitod aus freien Stücken und einen Suizid aus Hilflosigkeit? Nein, bekräftigt Christiane Blömeke. „Kein Mensch geht freiwillig aus dem Leben!" Die Suizidgefährdeten sind ja „erfolgreich, sie gehen zum Job, sind oft Perfektionisten und dann passiert das Unglaubliche.“ Diese Menschen wussten häufig nicht, wie sie mit ihren Spannungen weiterleben konnten. Das sei etwas anderes als sterben zu wollen.

 

Ausstellung in der Jacobikirche

bis zum 21. September

- Bilder über Tod und Suizid

Öffnungszeiten: Mo - Sa, 10.00 – 17.00 Uhr

So nach dem Gottesdienst

 

Unter den Werken ist eine Installation für die Suizidtoten des Jahres 2011 von Piet Morgenbrodt – jeder Stein steht für einen Suizidtoten. Viele großformatige Bilder stammen von der Künstlerin Marion Intzen-Schiff.