Frau Lemke, sie begleiten Sterbende unter anderem im „Hospiz für Hamburgs Süden“ in Harburg. Was wünschen sich Menschen, denen Sie zur Seite stehen?
Das ist individuell sehr verschieden. Manche äußern gar keine Wünsche, andere haben ein großes Bedürfnis nach Ruhe. Eine Frau wünschte sich, ein letztes Mal Erdbeeren zu essen. Ein Mann, hatte seinen Sohn 30 Jahre nicht gesehen. Er wollte sich mit ihm versöhnen. Also machten wir ihn ausfindig, so dass die beiden noch einmal miteinander sprechen konnten.
Was passiert, wenn sich letzte Wünsche nicht erfüllen lassen?
Zunächst ist es gut, sie überhaupt auszusprechen. Als Seelsorgerin frage ich - wenn es sich ergibt - auch, was dahintersteckt. Was ist das Wichtige an einem Wunsch? Sich dessen bewusst zu werden kann klären und trösten, ohne dass der Wunsch konkret befriedigt wird.
Wie oft haben Sie schon den Satz gehört „Ich habe alles gehabt, was ich wollte“?
Meiner Erfahrung nach bleibt immer etwas offen. Aber genau das ist Leben, von Anfang an: dass man nicht alles erleben, nicht alles haben, nicht alles gerade biegen kann – obwohl man das noch so gerne möchte. Oft fehlen, Zeit, Kraft und Möglichkeiten. Es tut gut, bewusst loszulassen. Sich mit Unvollkommenem einverstanden zu erklären.
Am Ende des Lebens ist das besonders schwer.
Das ist der Ernstfall, die größte Aufgabe. Denn vorher beginnt ja mit jedem Abschied etwas Neues. Doch der Glaube hilft, darauf zu vertrauen, dass mit dem Tod nicht alles zu Ende ist. Und zu denken: Was ich nicht fertig bekomme, lege ich in Gottes Hand.
Kann man loslassen üben?
Auf jeden Fall. Aber am Ende ist es immer noch schwer. Daher ist es schon wichtig, Dinge anzugehen, wenn man noch die Möglichkeit dazu hat: darüber zu sprechen, wie man sein Lebensende gestaltet wissen will, wie die Bestattung aussehen kann. Und Wünsche, an denen das Herz hängt, nicht auf die lange Bank zu schieben.
Welthospiztag zum Thema "Letzte Wünsche"
Zeit: Sonnabend, 10. Oktober, 13-17 Uhr
Ort: Unilever-Haus in der Hafencity, Am Strandkai 1
Mit Vorträgen, Musik und einem Markt der Möglichkeiten. Das Programm finden Sie hier