Herr Gretzschel, Sie beschäftigen sich seit Ihrem Theologiestudium mit Johannes Bugenhagen. Was beeindruckt Sie an dem Reformator Norddeutschlands?
Vor allem die Tatsache, dass er sich auch durch Rückschläge nicht entmutigen ließ. Die Hamburger Bürger hatten ihn 1524 zum Hauptpastor an St. Nikolai gewählt, er konnte dieses Amt aber ohne die Zustimmung des Rates nicht antreten. Bugenhagen nahm das hin, kehrte jedoch vier Jahre später nach Hamburg zurück – und lenkte mit umso größerem Erfolg die Reformation in geordnete Bahnen.
Welche Bedeutung hat Bugenhagen für Hamburg bis heute?
Durch die Formulierung der Kirchenordnung und sein reformatorisches Wirken insgesamt veränderte Bugenhagen nicht nur die kirchliche Praxis, sondern darüber hinaus die Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens – vom Bildungs- bis zum Sozialwesen. Das für Hamburg so typische bürgerschaftliche Bewusstsein wurde ganz wesentlich durch ihn geprägt.
Welche unbekannten Seiten haben Sie an ihm entdeckt?
Ich wusste zwar, dass er ein guter Prediger war, aber nicht, dass er dabei manchmal kaum ein Ende fand. Sogar Luther hat sich darüber lustig gemacht. Als Pastorensohn weiß ich, dass das Konzentrationsfähigkeit und Geduld strapazieren kann. Allerdings muss man auch in Rechnung stellen, dass die Menschen im 16. Jahrhundert lange Predigten sehr schätzten, oft waren sie nämlich ihre einzige Informationsquelle.
Ein Interview mit „Dr. Pomeranus“, wie ihn Martin Luther nannte, und viele weitere Informationen zu Johannes Bugenhagen und den Hamburger Köpfen der Reformation finden Sie auf unserer Website hamburger-reformation.de