Ausstellung Eintauchen in die Welt der Anne Frank

Sarah Hanisch (li.) begleitet die Schülerinnen durch die Ausstellung

Die Anne-Frank-Ausstellung „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ in der Jugendkirche in Flottbek folgt einem neuen Konzept: Jugendliche führen Jugendliche. Was sie dabei erleben, hat kirche-hamburg.de-Autor Lucas Stoppel beobachtet

Die Kirchenfenster sind abgedunkelt und die Sitzbänke heraus geräumt. Über den gesamten Kirchsaal verteilen sich zwölf Bildwände. Nur die Scheinwerfer an der Decke beleuchten die einzelnen Abschnitte der Ausstellung.

Betritt man den Saal, fällt der Blick auf ein Schwarzweiß-Foto des Anne Frank Hauses in Amsterdam. Die Lichtverhältnisse lassen erahnen, wie die Familie Frank sich in ihrem Versteck gefühlt haben muss. Die Wanderausstellung wurde vom Anne Frank Zentrum Berlin konzipiert und reist seit 2012 durch ganz Deutschland. In der Jugendkirche ist sie noch bis 4. März zu sehen.

Die Begleiterinnen haben sich intensiv vorbereitet

An diesem Vormittag empfangen Sarah Hanisch, 21, und Katharina Böttcher, 18, als „Peer Guides“ die siebte Klasse des Gymnasiums Altona. Sie werden die Schüler und Schülerinnen durch die Ausstellung über das jüdische Mädchen führen, das mit seinem Tagebuch ein historisches Zeugnis des Holocaust ablegte.

Die Ausstellungsbegleiterinnen sind selbst im Anne Frank Haus in Amsterdam gewesen und haben sich dort auf ihre Tätigkeit vorbereitet. Sarah ist eigentlich Studentin und Katharina macht eine Ausbildung. Beide haben sich für diese Aufgabe freistellen lassen.

Die Führung startet im historischen Teil. Acht Bildwände illustrieren die Geschichte der Anne Frank (1929-1945), ihres Lebens in der Zeit des Nationalsozialismus – bis zu ihrer Ermordung im KZ Bergen-Belsen.

Alltag im Versteck

Um den Schülern den Alltag eines jüdischen Mädchens näher zu bringen, fragt Katharina diese nach ihren Tagesablauf und schreibt einzelne Punkte für alle sichtbar auf. Als nächstes lesen die Siebtklässler der Reihe nach die Judengesetze vor.

Danach streicht die Begleiterin mit einem roten Stift die verbotenen Tätigkeiten: kein Kino, kein Schwimmbad, Einkaufen nur zwischen vier und fünf Uhr, kein Schulbesuch. Mit jedem roten Strich werden den Jugendlichen die Einschränkungen deutlich, mit denen Anne Frank zu kämpfen hatte.

Auf einer anderen Wand ist das Anne-Frank-Haus in Amsterdam als Rekonstruktion dargestellt. Die Jugendlichen sollen zeigen, in welchem Teil des Hauses sie das Versteck der Familie Frank vermuten. „Aber das sind ja nur vier Zimmer“, flüstert ein Schüler seinem Freund zu. Als Katharina den Kindern erzählt, dass auf diesem Raum acht einander teilweise vollkommend fremde Personen zusammen lebten – und das rund zwei Jahre lang – zeigen sich die Siebtklässler bestürzt.

Was bedeutet Diskriminierung heute?

Im aktuellen Teil knüpft die Ausstellung mit drei Filmclips an den Alltag der Schülerinnen an. Intensiv diskutieren sie ein Video zum Thema Mobbing. Was bedeutet es, diskriminiert zu werden? Habe ich schon mal jemanden diskriminiert? Was kann ich tun? Sarah und Katharina werden zu Moderatorinnen: Sie erklären, fragen nach oder fassen zusammen.

„Aus den Filmen kann ich viel für meinen Alltag mitnehmen“, sagt ein Schüler in der abschließenden Feedbackrunde. „Ich fand aber auch den historischen Teil spannend. Anne Frank ist für mich als Mädchen in meinem Alter real geworden“, schwärmt eine Schülerin.

Als die Führung zu Ende ist, fällt sichtbar Anspannung von den Schülern ab: Manche laufen durch den Kirchsaal, andere lassen das Erlebte im Gespräch Revue passieren oder schlendern noch einmal durch die Ausstellung. Es scheint, als hätte jeder etwas gefunden, dass ihn persönlich beeindruckt hat.

Die Ausstellung läuft noch bis 4. März.
Ort: Die Jugendkirche, Bei der Flottbeker Mühle 28, 22607 Hamburg
Anmeldungen für Führungen nimmt die Jugendkirche unter (040) 89 80 77 24 entgegen. Gruppen und Klassen können sich montags bis samstags begleiten lassen. Eintritt: 1 Euro pro Person. 

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