In allem rechtlich gleichgestellt mit ihren Kollegen sind Pastorinnen erst seit 1979. Ein Streitpunkt war zum Beispiel, ob sie verheiratet sein durften. Bis 1970 hieß es: "Nein". Familie und Gemeinde seien für Frauen nicht vereinbar, so eines der Argumente. Heute sind fast 44 Prozent der 411 Pastoren in Hamburg weiblich.
1991 wurde die Hamburger Pastorin Maria Jepsen zur ersten Pröpstin in der Nordelbischen Kirche gewählt. Mit Elisabeth Lingner übernahm im selben Jahr erstmals eine Frau die Präsidentschaft der Synode. Am 4. April 1992 wählte das Kirchenparlament Maria Jepsen zur Hamburger Bischöfin. Einige Vertreter anderer Konfessionen und konservative Kollegen empfanden ihre Wahl als Affront. Doch der Rat der EKD wies die Kritik zurück: Wer der Frauenordination, nicht aber der Wahl einer Bischöfin zustimmen könne, verlasse den Boden der evangelischen Kirche. Jepsen war die erste Bischöfin einer lutherischen Kirche weltweit.
Mit Ulrike Murmann, 52, kam 2004 die erste Hauptpastorin seit der Reformation ins Amt. Die promovierte Theologin hatte 133 männliche Vorgänger. Im Februar dieses Jahres wurde sie als Hauptpastorin an St. Katharinen und Pröpstin im Kirchenkreis Hamburg-Ost für weitere zehn Jahre bestätigt.
Und auch am Michel wirkt das erste Mal seit fast 400 Jahren eine Frau. Mit dem Medienrummel, den ihre Berufung im November 2012 entfachte, hatte Julia Atze, 41, nicht gerechnet. Und doch ist es für sie etwas Besonderes, hier Pastorin zu sein – auch wenn die Gemeinde als Predigtstätte von Altbischöfin Jepsen und ihrer Nachfolgerin Kirsten Fehrs Frauen auf der Kanzel gewohnt ist. Stimme, Wortwahl, Auftreten – das ist alles für mich und die Gemeinde irgendwie anders und neu. Aber ich liebe meinen Arbeitsplatz.“