Europa Dethloff: Freizügigkeit auch für Flüchtlinge

Was muss sich in Europa ändern, damit Flüchtlinge nicht Menschen zweiter Klasse sind?

Fanny Dethloff: Wir brauchen europaweit ein einheitliches Asyl- und Sozialsystem. Doch bis das soweit ist, wird es noch lange dauern. Was heute schon gilt, sind die Menschenrechte. Die müssen Richtschnur des Handelns sein. Es kann nicht sein, dass Menschen vor den Toren Europas ertrinken. Dass sie ohne Anhörung an den EU-Grenzen zurückgeschickt werden – obwohl sie ein Recht auf Asyl haben. Das verstößt gegen das Völkerrecht.

 

Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl lag zuletzt bei 43 Prozent. Für die meisten Menschen scheint Europa nicht relevant zu sein.

Die meisten Menschen schätzen die Freiheit sehr – und merken dabei vielleicht gar nicht, dass auch das zu Europa gehört. Sie müssen nicht mehr fünf Stunden an der Grenze zu Italien warten! Warum sollen nicht andere an dieser Freizügigkeit teilhaben, egal, woher sie kommen? Wenn wir dem demografischen Wandel trotzen wollen, müssen wir noch mehr Menschen bei uns willkommen heißen.

 

Bereits jetzt fehlt es an Wohnraum.

Wir brauchen noch mehr Notfallquartiere und günstige Unterkünfte. Die Stadt Hamburg als Zivilgesellschaft ist gut aufgestellt, es gibt viele innovative Ideen. Doch bei den Behörden fehlt es an Personal, um sich darüber auszutauschen. Das muss sich ändern.

 

Nach der Wahl am Sonntag könnten das erste Mal rechtspopulistische Parteien in das EU-Parlament einziehen, die den Nationalgedanken betonen.

Das ist genau der falsche Weg. Rechtspopulistische Parteien arbeiten mit Ideologien, die ganz klar Menschen diskriminieren. Es geht hier um Menschenrechte. Und die gelten für alle, unabhängig von der Herkunft. Dazu gehört auch das Recht auf Asyl. Hier sind wir – das heißt Europa – ganz besonders in der Verantwortung. Vor allem, weil wir die Gründe, aus denen Menschen auf der Flucht sind, maßgeblich mit produzieren, beispielsweise durch Waffenexporte.

 

Was empfehlen Sie für Sonntag?

Auf jeden Fall zur Wahl zu gehen! Vorher die Programme zu prüfen. Und den genannten rechtspopulistischen Parteien eine Stimme entgegenzusetzen.