Weltsuizidpräventionstag - zentrale Gedenkfeier in Hamburg Der sprachlosen Trauer Raum geben

Alle 51 Minuten nimmt sich ein Mensch in Deutschland das Leben. Das sind rund 10.000 Menschen im Jahr. Etwa alle 4 Minuten findet ein Suizidversuch statt. Jeder Suizid betrifft im Schnitt sechs bis 23 Menschen, die zurückbleiben, Partner, Kinder, Freunde, Eltern.

 

Für diese Angehörigen ist es meist schwierig, darüber zu reden. Die Selbsttötung wirft zu viele offene Fragen auf. Manchmal gab es nicht einmal Anzeichen im Vorfeld, manchmal wurden sie verdrängt. In anderen Fällen leben die Familien jahrelang unter der drohenden Gefahr des Suizid, und alles hat nichts geholfen. "Ich würde mir wünschen, dass man darüber reden kann wie über einen Herztod oder einen Krebstod. Dem Suizid wird etwas Mächtiges genommen, wenn wir darüber reden," sagt Christiane Blömeke von der Selbsthilfegruppe "Angehörige um Suizid" (AGUS).

 

Besondere Entwicklungen in Deutschland

Diesem Ziel dient auch der Internationale Weltsuizidpräventionstag. Er wird in vielen Ländern rund um die Erde begangen. Der Vorsitzende des Nationalen Suizidpräventionsprogramms für Deutschland Prof. Armin Schmidtke weist auf die besonderen Tendenzen in Deutschland hin. Hier ist es vor allem der Alterssuizid, der einen zunehmend hohen Anteil an der Suizidrate einnimmt. Daneben steht die Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund, hier besonders die der weiblichen Jugendlichen und jungen Frauen. Bei der Gruppe der Homosexuellen liegt der Prozentsatz im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ebenso höher wie bei Menschen mit ökonomischen Schwierigkeiten.

 

Dabei ist ein Suizid kein Freitod. Dieses Wort setzt voraus, dass eine freie Entscheidung möglich gewesen wäre. "Ein Suizid ist nicht so sehr getrieben von dem Wunsch zu sterben. Vielmehr ist es der subjektive Eindruck der Ausweglosigkeit," betont georg Fiedler, Leiter des Therapie-Zentrums für Suizidgefährdete am UKE. "Hier können wir helfen, indem wir Ansätze finden für Wege aus der Aussichtslosigkeit heraus. Die gibt es immer."

 

Gottesdienst in St. Jacobi

Die zentrale deutsche Gedenkfeier für die durch Suizid Verstorbenen findet in diesem Jahr in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi statt. Im Zentrum steht ein überkonfessioneller Gedenkgottesdienst rund um eine Installation von 217 Steinen. Diese stehen symbolisch für die 217 Hamburgerinnen und Hamburger, die sich 2009 das Leben nahmen.

 

Der Gottesdienst wurde in Zusammenarbeit mit jüdischen, muslimischen und buddhistischen Vertretern geplant. „In meiner Seelsorgearbeit habe ich gemerkt: Die Trauer und der Schmerz der Angehörigen sind so groß, dass dem in irgendeiner Weise ein öffentlicher Raum gegeben werden muss, um trösten und ermutigen zu können“ begründet Pröpstin Kirsten Fehrs ihr Engagement und das der Hauptkirche St. Jacobi am Weltsuizidtag.

 

Im Rahmen dieser Veranstaltung ist die Ausstellung „Zwischen A und O“ im Südschiff der Kirche zu besichtigen.

 

ap (www.kirche-hamburg.de)