Der Reformator und die Juden

Das Plakatmotiv der Ausstellung - der gelbe Ring auf dem Gewand war im Mittelalter für Juden vorgeschrieben

Hamburg/Pinnberg - Wer war Martin Luther, was dachte er und wie sind seine judenfeindlichen Schriften zu verstehen? Eine Ausstellung in Niendorf beschäftigt sich ab Dienstag mit dem Wirken und den Ideen des Reformators - und den Kehrseiten. Sie ist Teil der „Lutherdekade“ auf dem Weg zum Reformationsjubiläum. Das wird 2017 in Deutschland und weltweit gefeiert. Wir haben Wolfgang Seibert, den Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Pinneberg gefragt, ob ihm zum Feiern zumute ist

Manche Historiker ziehen eine Linie von Luther zum Holocaust. Wie sehen Sie das?
Luther hat aggressiv gegen die Juden gehetzt und zur Gewalt gegen sie aufgerufen - etwa dazu, Synagogen zu zerstören. Insofern waren seine Schriften eine Grundlage für Antisemitismus. Die Nazis haben diesen mit dem Völkermord an den Juden auf die Spitze getrieben.

Kann man Luther ehren, ohne Menschen jüdischen Glaubens zu beleidigen?
Luther hat einige große Verdienste um die Erneuerung der Kirche erworben. Doch sein Werk hat auch Schattenseiten. Gott sei Dank sind seine „Empfehlungen“ nicht von allen Teilen der Kirche aufgegriffen worden. Ich begrüße sehr, dass sich die evangelische Kirche aus Anlass des Jubiläums verstärkt mit dem Thema beschäftigt – wenn auch ziemlich spät.

Wie erklären Sie sich diese Zurückhaltung?
Bis in die sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts war die Kirche selbst nicht frei von Antisemitismus. Viele Theologen gaben ,den Juden’ die Schuld am Tod Christi. Das waren in der Nazizeit nicht nur Vertreter der gleichgeschalteten „Deutschen Christen“, von denen einige auch später noch im Amt waren. Sondern auch Mitglieder der oppositionellen „Bekennenden Kirche“.

Luther versuchte, Juden vom christlichen Glauben zu überzeugen. Gibt es Judenmission heute noch?
Ja, das ist eine schlimme Geschichte. Es sind heute vor allem fundamental-christliche Gruppen. Doch sie haben in unserer Gemeinde keine Chance. Wir werfen sie raus. Die evangelischen Landeskirchen haben sich zum Glück schon lange von diesem Gedanken verabschiedet.

Die Wanderausstellung „,Ertragen können wir sie nicht’  – Martin Luther und die Juden“ wurde von Pastorin Hanna Lehming konzipiert, der Beauftragten für christlich-jüdischen Dialog der Nordkirche. Begleitend lädt der Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein zu einer Vortragsreihe ein.

Zeit: Eröffnung, Dienstag, 3. Februar, 17 Uhr
Zu besichtigen ist die Ausstellung bis zum 27. Februar montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr
Ort:
Haus der Kirche, Max-Zelck-Straße 1, 22459 Hamburg
Führungen: Ansprechpartner ist Pastor Jörg Ostermann-Ohno, joerg.ostermann-ohno@kirchenkreis-hhsh.de, Tel. 040/58 95 02 47
-Für Schüler ab der 11 Klasse - Infos bei Paul Steffen, paul.steffen@kirchenkreis-hhsh.de,
Tel. 040/58 95 02 46