Neues Jahr, neues Glück? Die Jahreswechsel sind immer wieder ein guter Anlass, um nicht nur eine neue Jahreszahl zu schreiben, sondern um einen Neuanfang zu setzen. Dafür stehen dann die berühmten guten Vorsätze, die deutlich machen sollen, wie ernst der Neuanfang gemeint ist. Und die guten Vorsätze sorgen dann auch immer gerne dafür, dass es mit dem Ernst ganz schnell wieder vorbei ist.
Zu diesem Jahreswechsel scheint es allerdings etwas anders zu liegen.
Selten habe ich zu einem Jahreswechsel die politische und gesellschaftliche Großwetterlage als so ernst wahrgenommen, und das nicht nur weil so kurz vor Weihnachten in unserer Hauptstadt ein schwerer terroristischer Anschlag verübt wurde und die Bedrohung damit mitten unter uns wieder ganz real geworden ist. Es war ja nicht der erste Anschlag in 2016. Insgesamt haben in 2016 sehr ernste Entwicklungen ihren Lauf genommen, die für das neue Jahr wenig Gutes verheißen.
Vor allem ist hier die bedrohlich zunehmende Akzeptanz populistischer Töne in der Welt, in Europa und auch in unserem Land zu sehen. Welche Erfolge werden die Populisten in 2017 haben? Und welche Folgen werden die Erfolge von 2016 zeitigen? Ganz real besteht für mich eine große Bedrohung für das Gemeinwohl der Menschen und der ganzen Schöpfung durch die Wahlerfolge dieser Strömungen. Denn es stehen Errungenschaften der Politik der letzten 70 Jahre in Frage, die den Frieden, die Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung betreffen.
Gemeinsam Perspektiven suchen
Diese Entwicklung müssen wir alle sehr ernst nehmen und gemeinsam nach Perspektiven suchen. Es reicht nicht, das den Verantwortlichen in der Politik zu überlassen. Es geht um sehr grundsätzliche Werte unserer Gesellschaft und der Weltgemeinschaft, die schon länger bedroht waren, aber jetzt werden sie von Innen in Frage gestellt.
Gott spricht:
Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.
Nach anfänglicher Skepsis gegenüber der Radikalität der Jahreslosung 2017 aus dem Profetenbuch des Ezechiel (Ezechiel 36,26) wird mir immer deutlicher, dass die aktuelle Situation radikale Gedanken und Worte braucht. Ich frage mich nämlich, wo das Herz bleibt – das Herz für die Schwachen, für die Verfolgten, für die Bedrohten? Wo bleibt der Geist der Weitsicht, der Demut und der Menschlichkeit? Wenn es so weitergeht bleiben Herz und Geist auf der Strecke! Und darum kommt die Verheißung aus dem Ezechielbuch nicht nur gerade recht, sondern wir sollten regelrecht um ein neues Herz und einen neuen Geist beten, dass wir gestärkt und ermutigt aufstehen gegen alle Entwicklungen, die den Geist des Friedens, der Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schöpfung bedrohen.
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Propst Frie Bräsen
Kirchenkreis Hamburg/West-Südholstein
Propstei Altona-Blankenese