Doch – und das ist der Unterschied – sie darf sich nicht so nennen. Ist die Segnung damit eine Trauung zweiter Klasse? Nils Christiansen nimmt zu diesem Einwand Stellung. Der Hamburger Pastor ist Sprecher des Konvents schwuler und lesbischer Theologen (Konsult), er koordiniert das „Bündnis Lebensformen“ der Nordkirche – und ist seit 15 Jahren mit einem Mann verheiratet.
Herr Christiansen wie bewerten Sie den gestrigen Beschluss der Nordkirche?
Ich bin sehr froh, dass wir diesen großen Schritt zur uneingeschränkten Gleichstellung aller Paare vor dem Traualtar geschafft haben.
Und doch ist ein Unterschied geblieben: Der Begriff Trauung gilt nur für heterosexuelle Paare. Ist die Segnung eine Trauung zweiter Klasse?
Dem Inhalt nach: ein klares Nein. Die Segnung ist völlig gleich. Die Gottesdienstformen sind identisch, die Segnung wird ab 1. November in die Kirchenbücher eingetragen, Pastoren dürfen nicht unbegründet schwule oder lesbische Paare abweisen. Der Wermutstropfen darin ist jedoch, dass beides nicht auch denselben Namen hat. Da bleibt ein Rest von Diskriminierung, bei einem inhaltlich großen Fortschritt.
Wie erklären Sie sich, dass dieser Makel nicht getilgt wurde?
Innerhalb der Landeskirche gibt es unterschiedliche Positionen. Um eine weitgehende Zustimmung zu ermöglichen, auch der evangelikalen und konservativen Kreise etwa in Mecklenburg und Pommern, ist man diesen letzten Schritt nicht gegangen.
Aber die Trauung ist doch theologisch gesehen nichts anderes als eine Segnung.
„Trauung“ ist ein rein weltlicher Begriff, der im 19. Jahrhundert für die standesamtliche Zeremonie eingeführt wurde. Deshalb wäre es sinnvoller, den Spieß umzudrehen und auch die Trauung von Mann und Frau als Segnung zu bezeichnen. Dafür haben gestern auch einige exponierte Mitglieder der Synode plädiert.
Was meinen Sie: Wird sich die Bezeichnung angleichen?
Der tägliche Sprachgebrauch hat die Beschlussrealität schon längst überholt. Pastoren, Pröpstinnen, Paare – alle sprechen von Trauung oder Heirat. Was mich zudem hoffnungsfroh stimmt: Die Synode hat ebenfalls fast einstimmig beschlossen, sich der Vielfalt von „Familienformen und Beziehungsweisen“ auf verschiedenen Ebene intensiv zu widmen. Für 2019 ist dazu eine Themensynode geplant. Ein klares Signal, dass wir mit dem Beschluss von gestern sehr weit, aber noch nicht ans Ziel gekommen sind.
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Die Lesben- und Schwulenverbände Hamburg und Schleswig-Holstein haben den Beschluss der Nordkirchen-Landessynode zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare begrüßt. Der Beschluss sei "ein erster wichtiger Schritt zur völligen Akzeptanz und Gleichstellung von Lesben und Schwulen in der Landeskirche", sagten die Verbandssprecher Wolfgang Preussner und Danny Clausen-Holm am Freitag.
Die Synode habe deutlich gemacht, dass sich Religion und Akzeptanz nicht ausschließen müssen. Auch wenn von einer Segnung und nicht von einer Trauung gesprochen werde, sei das Zeremoniell das Gleiche, betonten die Verbandssprecher.
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Die Segnung in einem öffentlichen Gottesdienst ist künftig eine Amtshandlung, die in die Kirchenbücher eingetragen wird. Die Segnung kann ein Pastor nur im Ausnahmefall aus theologischen Gründen ablehnen. Dann wird der Propst informiert, der dann für einen Segnungsgottestdienst sorgt. Landesbischof Ulrich kündigte zudem eine Handreichung für die rund 1.000 Kirchengemeinden an, in der es Hilfen und Anregungen für die Gottesdienste gibt.
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In der ehemaligen nordelbischen Kirche (Hamburg und Schleswig-Holstein) waren schon lange vor der Nordkirchen-Gründung Segnungen homosexueller Paare in einem Gottesdienst möglich. Dafür musste aber in jedem Einzelfall erst von Kirchengemeinderat und Propst die Zustimmung eingeholt werden. Dies war zuvor auf dem Gebiet der früheren Pommerschen Kirche ausdrücklich ausgeschlossen. In der Mecklenburgischen Kirche war eine Segnung offiziell nur als "seelsorgerliche Begleitung" möglich.