Blick hinter die Fassaden

Zimmer in einem Stundenhotel auf St. Georg

Hamburg - Von Katarina ist nur ein Auge zu sehen. Bunte Lichter spiegeln sich in der Glasscheibe, hinter der sie sitzt. Undine schaut selbstbewusst in die Kamera. Die Fotografin Tanja Birkner hat Sexarbeiterinnen in St. Georg aufgenommen. Die Ausstellung mit Bildern und Texten ist ab Donnerstag in der Galerie im Georgshof nahe des Hauptbahnhofs zu sehen.

Zwölf Menschen stellt Tanja Birkner, 42, vor. Prostituierte hat sie fotografiert, Stricher, Bar- und Hotelbesitzer, Escorts. Jedem einzelnen sind mehrere Bilder und ein Text gewidmet. „Ich wollte die Menschen in möglichst vielen Facetten charakterisieren."

Drei Jahre hat die Fotografin an ihrem Projekt „Halbe Stunde“ gearbeitet. Sie erlebte Leid und Verzweiflung mit, aber auch die Normalität des Geschäfts. „Viele der Sexarbeiter machen den Job aus finanzieller Not heraus. Aber manche haben sich auch ganz bewusst dafür entschieden."

Kontakt zu den Frauen und Männern bekam sie auf vielfältige Weise: Sie sprach mit Sozialarbeiterinnen in den Beratungsstellen vor Ort, nahm Kontakt zu den Besitzern von Stundenhotels auf, war häufig im Vierteltreffpunkt „Hansa Treff“ zu Gast. „Irgendwann fiel ich mit meiner Kamera gar nicht mehr auf“, sagt sie.

Das erste Jahr war hart

Das erste Jahr sei dennoch hart gewesen, erzählt Tanja Birkner. Termine platzten, weil es den Sexarbeitern dann doch zu heikel war, sich fotografieren zu lassen. In St. Georg ist Straßenprostitution offiziell verboten. Doch Tanja Birkner ließ nicht locker, obwohl sie das Projekt größtenteils aus eigener Tasche finanzierte.

Eine weitere Schwierigkeit: Die meisten der Fotografierten wollten sich nicht direkt zeigen. Sie entschied sich daher dafür, auch Orte sprechen zu lassen: Das Zimmer im Stundenhotel, das Regal mit den High-Heels im SM-Studio, die Pausen-Bank an der Alster.

Wichtig für ihre Arbeit sei es, sich ein inneres Bild von dem oder der Porträtierten zu machen. Bevor sie sie fotografierte, trafen sie sich zu Gesprächen. Mit einigen einmal, mit anderen häufiger. Manche der Kontakte bestehen bis heute.

Das Thema Prostitution beschäftigt Tanja Birkner seit ihrer Jugend in Lübeck. Wenn sie durch den Rotlichtbezirk in ihren Lieblingsclub ging, fragte sie sich, was hinter den Fassaden passierte. „Mich faszinierte diese Welt, zu der ich als Frau keinen Zugang hatte.“

Halbe Stunde - ein Fotoprojekt von Tanja Birkner

Eröffnung: Donnerstag 21. August, 18 Uhr. Anmeldung bei der Toepfer Stiftung, unter Telefon 040/334 02 16
Zeit:
Bis 24. Oktober jeweils dienstags und mittwochs von 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung.
Ort:
Galerie im Georgshof, Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., Georgsplatz 10

Studiobesitzerin Undine

In einem SM-Studio

Fotografin Tanja Birkner