Internet-Andacht Bischöfin: Weihnachten prägte einst die Erfahrung der Heimatlosigkeit

Wenn wir aber auf die Ursprünge des Weihnachtsfestes schauen, sehen wir ein anderes Bild: Gewiss, Maria und Josef und das Kind in der Krippe sind eine Familie. Aber von besinnlichem Familienfest ist keine Rede im Evangelium. Stattdessen von der Erfahrung der Fremde, der Heimatlosigkeit.

 

Und wenn wir schauen, wer sich im Stall von Bethlehem versammelt, dann ist das doch eine recht zusammengewürfelte Schar: Die Hirten, die von den nahen Feldern herbeigeeilt sind. Die Weisen aus dem Morgenland in fremdartigen Gewändern. Und sicherlich auch die Tiere und die Bediensteten der Herberge, in deren Stall das Wunder geschah. Alles andere als ein Fest der Familie. Eher ein Zusammentreffen ganz ungleicher Kulturen und Lebensgeschichten. Die im Stall versammelten Menschen werden nicht nur staunend und schweigend im Stroh gekniet haben. Sicherlich haben sie neugierige Blicke getauscht, sich unterhalten, gemeinsam gebetet, vielleicht auch zusammen gegessen und getrunken.

 

Bei allem Verständnis also für die Familienfeier unter dem Tannenbaum: Vergessen wir nicht, dass Weihnachten auch ein Fest ist, an dem wir unsere Freude mit Fremden teilen können. Vielleicht bei einem Besuch der betagten Nachbarin, die alleine nicht mehr aus der Wohnung kommt. Oder in einem Gespräch mit dem Obdachlosen an der Ecke, an dem wir sonst achtlos vorübereilen. Oder indem wir Menschen zu uns einladen, die unsere Weihnachtstraditionen gar nicht kennen, etwa weil sie aus einem anderen Kulturkreis kommen. Weihnachten sollen wir die Freudenbotschaft aller Welt weitersagen - so wie die Hirten es vor 2000 Jahren getan haben.