Frau Schmidt, Sie engagieren sich seit 20 Jahren in der Hospizhilfe. Warum?
1993 begann ich als Krankenschwester auf einer Intensivstation zu arbeiten. Ich spürte zunehmend, dass ich mich meiner Angst vor Sterben und Tod stellen muss. Andernfalls hätte ich nicht in dem Beruf bleiben können. Also bildete ich mich fort – und wurde Profi zum Thema, baute Palliativ Care Teams in Krankenhäusern auf, die sterbenskranken Menschen den letzten Weg erleichtern.
Was haben Sie in dieser Zeit über das Leben gelernt?
Mein Lebensthema war damals, dass ich nicht loslassen konnte. Wie die meisten Menschen glaubte ich, ich könnte alles unter Kontrolle haben. Doch das ist eine Illusion. Das erfährt jeder, der selbst einmal schwer krank war oder mit Betroffenen zu tun hat.
Was ist ihr Fazit aus dieser Erfahrung?
Wir nehmen ständig Abschied, auch im Leben: Beim Einschlafen vom Tag, gerade jetzt vom Sommer, wenn wir älter werden von der Jugend. Was wir von Sterbenden lernen können, ist den Augenblick zu genießen. Sie sind Künstler darin, schöne Momente zu schaffen.
Was hat sich in den vergangenen Jahren verändert?
Inzwischen haben wir ein gutes Versorgungsystem. Aber von einem Bewusstsein dafür, dass Sterben und Tod zum Leben gehören sind wir weiter entfernt denn je. Wer beispielsweise kein Leistungsträger mehr ist, stirbt einen sozialen Tod. Das Sterben wird an die Institutionen des Gesundheitswesens abgegeben.
Wie kann man das ändern?
Ein wichtiger Schritt, sind die „Letzte-Hilfe“-Kurse, die wir seit einem Jahr anbieten. In ihnen lernen Menschen, Situationen zu erkennen in denen ein Mensch sterbend ist. Am Ende des Kurses sollen die Menschen wissen, wo sie Unterstützung bekommen und was sie selbst tun können. Das ist sehr hilfreich. Rund 890.000 Menschen sterben jährlich in Deutschland. Man geht davon aus, dass mindestens zehn Menschen um sie herum in irgendeiner Form davon betroffen sind.
Was leisten ambulante Hospizdienste?
Sie sind ein fester Bestandteil im Versorgungsnetzwerk. Jeder kann sie am Ende des Lebens in Anspruch nehmen. Das Besondere: Ehrenamtliche begleiten Sterbende. Sie sprechen mit ihnen, begleiten sie zu Ärzten. Sie wenden sich nicht ab vor Leid und Zerbrechlichkeit. Sie geben dem Sterbenden Ansehen, mit allem, was zu ihm gehört. Auch für die Angehörigen sind die Helferinnen und Helfer ansprechbar.
Wie wichtig ist Humor um Umgang mit Tod und Sterben?
Unsere Hospizhelfer lachen viel mit Betroffenen, auch Galgenhumor ist dabei. Improtheater verbindet beides – Kunst, die aus dem Augenblick entsteht, und Humor. Deshalb sind wir glücklich, dass „Die Spieler“ uns ihren Auftritt geschenkt haben.
Marina Schmid, 52, leitet und koordiniert ambulante Hospizdienste in Winterhude und im Hamburger Osten.
Auf das Leben!
Zeit: Donnerstag, 22. September, 20 Uhr
Ort: Polittbüro, Steindamm 45
Einritt: 10 €, Karten unter Tel.: 040/28 05 54 67 und an der Abendkasse
Zu der Benefizveranstaltung mit dem Impro- und Unternehmenstheater „Die Spieler“ laden die drei ambulanten Hospizdienste der Diakonie ein. Die Sprecherin Jeannine Platz liest Erzählungen von ehrenamtlichen Hospizbegleitern