Frage: Ist das Pilgern nicht eine katholische Tradition?
Lohse: Pilgern ist eine christliche Tradition und hat mit der Jesus-Bewegung selbst zu tun. Mit dem Evangelium in die Fremde und bis an die Enden der Welt (finis terra) zu gehen, ist ein Grundelement des christlichen Glaubens. Und so haben die christlichen Traditionen auf je unterschiedliche Weise das Pilgern bewahrt und dank der Reformation ist die Idee des Pilgerns befreit von Werkgerechtigkeit und Zwang. Auch in der katholischen Kirche wird heute gut evangelisch gepilgert.
Die frühesten Anhänger Jesu, die Apostel waren ihr Leben lang auf Wanderschaft. Welches Bild steckt für Sie im Pilgern?
Lohse: Die Nachfolge Jesu durch geistliche Wanderschaft, in die Fremde gehen und sich auf dem Weg Gott anvertrauen. Gott geht mit, so wie er mit Jesus, mit den Jüngerinnen und Jüngern und den keltischen Wandermönchen unterwegs war… so können wir auf dem Weg etwas von Gottes Nähe erfahren, aber auch von der Ferne des Menschen zu ihm und deren großer Sehnsucht nach mehr Nähe.
Der Olavsweg führt ins norwegische Trondheim. Wie wird die nordische Alternative zu Santiago de Compostela in den skandinavischen Ländern wahrgenommen?
Lohse: Die skandinavischen Olavswege rücken langsam ins Bewusstsein der Menschen in ganz Europa. Sogar eine Pilgergruppe aus Spanien wird sich im Sommer auf den Weg nach Trondheim machen. Die Norweger freuen sich sehr über die Fremden (perigrini), die sich in ihrem Land bewegen und sie sind hervoragende Gastgeber. Pilgern ist auch in Skandinavien ein wachsendes Thema und zum Olavsfest werden in Trondheim einige hundert Pilger erwartet.
Vielen Dank für das Gespräch. Die Fragen stellte Mechthild Klein.
mk (www.kirche-hamburg.de)