„Patchwork“ - Notruf für Frauen gegen Gewalt Angst vor Terror und Schlägen

„Das ist kein Unterschichtenproblem“, unterstreicht Nauck. Auch die Arztgattin oder Oberstudienrätin hatte sie schon in der Sprechstunde. Das trifft Studierte genauso wie Arbeiter - der Kontrollverlust des Partners ist krankhaft und hat nichts mit ihrem Versagen zu tun. Wenn die Frau sich das eingestehen kann, ist sie schon weit gekommen.

 

Die Frauen sind innerlich zerrissen

Die meisten Frauen sind trotzdem innerlich zerrissen. „Der Partner hat ja auch liebevolle Seiten, wochenlang geht es gut, wären da nur nicht diese Übergriffe“, berichtet Nauck aus den Gesprächen.

 

Frauen, die Opfer „häuslicher Gewalt“ werden – so heißt das Delikt im Fachjargon - sind am Anfang völlig durcheinander. Sie quält das schlechte Gewissen. Oft haben sie jahrelang alles ausprobiert, um dem Partner nur keinen Grund zu geben auszurasten. „Bis zur völligen Selbstverleugnung geht das“, ergänzt Nauck. „Wenn ich den Frauen in der Beratung dann sage, dass ihr Mann kein Recht dazu hat, ihre Würde zu verletzen, egal was sie tun, dann fließen sehr schnell Tränen.“ Denn im Grunde wissen das die Frauen auch, aber sie hoffen auf Besserung bis zuletzt.

 

Bei Anzeige zehn Tage Wohnverbot

Was hilft in so einer verfahrenen Situation, wenn eine Frau ihren eigenen Mann nur durch eine Anzeige in die Schranken weisen kann? In dem Fall nimmt die Polizei dem Partner den Schlüssel ab und er darf sich zehn Tage lang nicht der Wohnung und den Familienangehörigen nähern. Diese Demütigung wirkt sehr unterschiedlich auf den Gewalttäter. Manche Frauen fürchten zu Recht, dass der Partner versucht, aus Rache die Kinder zu entführen oder die Frau umzubringen. „Da müssen die nächsten Schritte genau überlegt werden“, sagt Nauck.

 

Auch wenn eine Versöhnungsphase über Monate gelingt, wird der gewalttätige Partner nach Erfahrung Naucks oft schnell wieder rückfällig. Die Abstände der Gewaltattacken verkürzen sich. Eine Paartherapie wäre ein erster Schritt. Die Frau muss zunächst wieder gestärkt werden. Sie muss lernen, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und sich selbst wertzuschätzen. Da kann auch eine Therapie für die Frau helfen. Bis dahin kann „Patchwork“ unterstützen.

 

Expertin in Stalking-Fragen

Nauck leistet mit ihren drei Honorarkräften und den elf Ehrenamtlichen Pinonierarbeit in Hamburg. Mit dem Handy-Notdienst wird bedrängten Frauen je nach Stadtteil ein Ansprechpartner vermittelt, auch aus anderen Hilfseinrichtungen. Seit Jahren wird die Pastorin von der Polizei für Schulungen angefragt. Sie hat an einer Handreichung des Bundesfamilienministeriums über Stalking mitgewirkt. Sogar die Staatsanwaltschaft bittet um Einschätzungen von Fällen.

 

Jetzt würdigt Bundeskanzlerin Angela Merkel die Arbeit von „Patchwork“ im Bundeskanzleramt. Unter 400 Einsendungen wurde die evangelische Hamburger Einrichtung mit 24 weiteren sozialen Projekten bei „startsocial“ nominiert. Ob es für einen der Hauptpreise mit 5.000 Euro am 23. April reicht, ist noch offen. Eine Finanzierungslücke von 25.000 Euro ist bis zum Jahresende zu überwinden – sonst kann die Arbeit von „Patchwork“ nicht weiter aufrecht erhalten werden.

 

Mechthild Klein (www.kirche-hamburg.de)

 

"Patchwork" - Notruf für Frauen: 0171- 633 25 03

 

Spenden für "Patchwork"

HASPA Kto: 1268184239

BLZ: 200 505 50

 

Stalking – der englische Begriff steht für das beharrliche Belästigen von Personen. Dazu zählt Verfolgung oder auch Telefonterror. Die Stalker verfolgen ihr Opfer manchmal über Jahre bis hin zur psychischen Erschöpfung. Verbote werden oft hartnäckig ignoriert.