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Es war einmal eine Palme, die stand vor den Toren Jerusalems. Jeden Tag konnte sie auf die Zinnen der heiligen Stadt blicken und sie war stolz darauf. Sie sagte sich. Ich bin eine Palme im Heiligen Land, unweit der Heiligen Stadt Jerusalem, täglich ziehen die Menschen zum Tempel hin an mir vorbei -  ja ich glaube, ich bin selbst fast schon eine „heilige Palme“. Alle sollen sehen, wie schön ich bin, schlank und stolz, hoch und hoheitsvoll, geschmeidig und grade. Sie strengte sich mächtig an, schnell zu wachsen, ihre Krone mit den Palmblättern zu strecken.  Ich will schöner und größer werden als alle anderen Palmen sprach sie zu sich –  dass die Menschen sagen, sehr an, welch schöner Baum, im ganzen Land gibt es nicht seinesgleichen, sie ist die Palme vor der Heiligen Stadt. So dachte sich die Palme, aber dann geschah etwas Unvorhergesehenes.  

Eines nachts erschien ein großer Stern am Himmel, die Palme wunderte sich aber dachte sie nichts dabei. Einige Zeit später hieß es: ein Kind ist uns geboren, der Heiland, ein neuer König für Israel. De Palme sagte bei sich: was kümmert es mich, Könige kommen und gehen, ich aber will die stärkste und schönste Palme werden, die das Land je gesehen hat. Kurz darauf zogen drei fremde Könige an ihr vorbei und die Palme ärgerte sich, weil sie von ihnen nicht beachtetet wurde – wenn ich schon größer wäre, dann hätten die Könige mich voller Bewunderung angeblickt, und vielleicht vor mir Halt gemacht, dachte sie und strengte sich noch mehr an – und reckte ihren schönen glatten Stamm, um höher zu werden. Kurz darauf sah die Palme, wie von Jerusalem aus Soldaten mit Schwertern durch das Land zogen. Die Leute sagten: König Herodes schickt sie, das neugeborenen Königskind zu töten. Gebt acht auf eure Kinder. Die Menschen wurden still und traurig. Spät am Abend näherten sich ein Mann, eine Frau mit einem Baby auf dem Arm, und ein kleiner grauer Esel. Sie waren sehr erschöpft und konnten kaum noch laufen. Ihr könnt euch vielleicht denken, wer diese drei waren – auf der Flucht vor den Soldaten des Herodes – Maria, Josef und das Jesuskind.  

Aber was war das? Eine helle Gestalt, ein Engel erschien und der Engel sprach zu der Palme: du sollst das Christuskind schützen, wenn die Sonne aufgeht. Berge sie unter dem Schutz und Schatten deiner Blätter. Und mit der stolzen Palme, die immerfort versucht hatte, größer und höher zu werden als alle anderen, geschah etwas Merkwürdiges. Ihr Stamm neigte sich zur Erde bis ihre Krone beinahe den sandigen Boden berührte. Hinter ihre Blätter legte Maria das Kind. Die Soldaten fanden es nicht. In der kommenden Nacht konnte die heilige Familie weiterziehen – und wie ihr wisst, gelangten sie wohlbehalten bis nach Ägypten.
Was aber war mit der Palme geschehen? 

Sie war nun eine krumme Palme. Und endlich wurden die Menschen auf sie aufmerksam. Sie wunderten sich sehr, was wohl mit dieser Palme geschehen wäre und nannten sie: die betende Palme, denn im Orient beten die Menschen, indem sie ihren Kopf zur Erde neigen. Viele Leute kamen und fanden, dort am Stamm der krummen Palme, einen Ort für ihr Gebet. Vieles hörte die Palme, vor allem an Kummer, den die Menschen ihr anvertrauten und vor Gott brachten. 

Und die Palme schwieg und hörte zu. Viele Jahre lang ging das so. Ihr Stamm wurde kräftiger und die Jahre hinterließen ihre Spuren auf ihrer Rinde, ihre Blätter wurden größer und dunkler und fester, aber in die Höhe wachsen, das konnte die Palme nun nicht mehr. Die Palme hörte den Kummer der Menschen und schwieg. Und mit der Zeit lernte sie, sich darüber zu freuen, dass sie ein wenig Schatten spenden konnte und sie bemühte sich, den Menschen stillen Trost zuzufächeln. Sie gewann auch die Kinder lieb, die gerne auf sie kletterten und Spiele erfanden.   

Über 30 Jahre lang wuchs die Palme krumm und niedrig über den Wüstenboden. Sie konnte nicht mehr zu den Zinnen der Heiligen Stadt hinüberblicken, aber sie hörte, was die Menschen zu sagen hatten. Sie erzählten von Jesus, von den Wundern, die er tat, dass er Blinde sehend machte und Lahme gehend, dass er die Kinder segnete und den Hunger der Menschen stillte.  Ob die Palme wusste, dass sie selbst diesen Jesus einst beschützt hatte?  

Eines Tages waren alle sehr aufgeregt. Jesus kommt nach Jerusalem hieß es, wir wollen ihm empfangen. Wir wollen ihm zujubeln und ihm Kleider und Teppiche, kostbare Stoffe auf den Weg legen, wenn er auf seinem Esel hinauf reitet in die Heilige Stadt. Viele Kinder aber, die an der Palme spielten, waren bitter arm. Sie hatten keine Kleider, nur das wenige was sie am Leibe trugen, sie konnten sich doch nicht nackt ausziehen? Einige Kinder begannen zu weinen, weil sie so gar nichts hatten, womit sie Jesus empfangen könnten.  

Da dachte die Palme still bei sich: nehmt doch meine Blätter und meine Zweige, streut sie dem Heiland auf den Weg. Und es war, als ob die Kinder es gehört hatten – ein kleiner Junge rief: wir streuen Jesus Palmenzweige auf den Weg, und wir rufen ihm zu: „Hosianna, Hosianna dem Sohne Davids, gelobet sei der da kommt im Namen des Herrn“, denn Gott hat Jesus zu uns gesandt, alles wird besser werden, wenn er erst unser Land regiert! Alle Kinder machten mit. Und ruck zuck war die schöne grüne Krone der Palme geplündert und die Kinder liefen mit den Zweigen davon. Zurück blieb die Palme, krumm, zerrupft und unansehnlich. 

Ihr wisst, wie die Geschichte weiterging… 

Ja, die Menschen jubelten, sie legten ihm Kleider auf den Weg und streuten Palmzweige vor die Hufe seines kleinen Esels. Und dann? Wenig später nahmen sie ihn fest und schlugen ihn ans Kreuz. Als Jesus starb, zerriss der Vorhang im Tempel und die Erde bebte und auch unsere Palme dachte, dass dies ganz gewiss ihr Ende sein würde. Aber dann? 

Einen Tag lang war alles ganz still. Sie hatten Jesus in ein Grab gelegt. Und dann, im Morgengrauen des dritten Tages, da rollte der Stein vom Grab, ein Engel erschien. Jesus war auferstanden. 

Was passierte wohl mit unserer Palme? Was meint ihr? Nun, die Legende sagt, dass am Ostermorgen bei Tagesanbruch die krumme Palme sich aufrichtete zu der größten und schönsten Palme die ihr euch vorstellen könnt. Ihre grünen Blätter leuchteten weit und breit und wie eine Tänzerin wiegte sie sich im Winde. Sie war glücklich. Nicht weil sie die größte und schönste war, sondern weil sie an diesem ersten Ostersonntag Frieden mit der ganzen Welt spürte.  

Und Jesus selbst, der Auferstandene soll genau dort vorübergegangen sein!