Was auf den ersten Blick befremdlich wirkt, hat einen tieferen Sinn. Leider ist in dem ganzen Corona-Durcheinander um die Gottesdienste Weihnachten 2020 die Erklärung für den „Ewigen Weihnachtsbaum“ zu kurz gekommen. Hierfür möchten wir uns entschuldigen und die Erklärung dieses Jahr nachholen.
Wir leben in einer Zeit des sichtbaren Klimawandels. Die Menschheit beutet seit einigen Jahrhunderten die Erde massiv aus. Seit der Industrialisierung sogar sehr extrem. Und die Ausbeutung hält an.
Ein Teil des Klimawandels ist zurückzuführen auf den massiven Ausstoß von CO2, welches deshalb auch „Treibhausgas" genannt wird. Bei der Nutzung von fossilen Brennstoffen (Kohle, Erdgas und Erdöl bzw. Benzin oder Diesel) wird CO2 freigesetzt. Pflanzen binden CO2 in ihrem Wachstum; sie geben es wieder ab, wenn sie verrotten oder verbrannt werden.
Um den Klimawandel etwas zu bremsen, werden weltweit in großem und kleinem Umfang Aufforstungsprojekte betrieben. Und Menschen setzen sich weltweit für den Erhalt von Wald und Bäumen ein. Wir alle kennen die Proteste über die Abholzung und Brandrodung im Regenwald. Aber auch einzelne Bäume sind schützenswert, wie z. B. im Wandsbeker Gehölz.
Bäume, die groß werden dürfen und nach vielen Jahren als Bau- oder Nutzholz enden, binden CO2 für viele Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte. Sie sind gut für das Klima.
Paradoxerweise leisten wir es uns in Deutschland, jedes Jahr ca. 28 Millionen Bäume schon relativ klein zu fällen und sie nach wenigen Tagen der Verrottung oder gar Verbrennung zu übergeben. Sie werden oft gezüchtet in fragwürdigen Monokulturen, nicht selten unter Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln. Sie werden gehegt, gepflegt und transportiert mit benzin- oder dieselgetrieben Maschinen, die zusätzlich CO2 ausstoßen. Weihnachtsbäume sind somit alles andere als klimaneutral, sie sind überwiegend klimaschädlich.
Aus diesem Grund gibt es eine wachsende Bewegung in der Gesellschaft, die auf "grüne" Weihnachtsbäume verzichtet, damit weniger Bäume gefällt werden müssen. Manche Menschen schmücken einen lebenden Baum in ihrem Garten, andere nutzen einen Baum mit Ballen, der wieder eingepflanzt wird. Wieder andere besitzen einen ewigen Baum.
Das Grün der Pflanzen ist in allen Kulturen und Religionen ein Symbol des Lebens. Dafür muss allerdings kein Baum gefällt werden: "...sie hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg." (Matthäus 21,8). Wichtiger in der christlichen Kirche ist das Licht: "Ich bin das Licht der Welt!" (Johannes 8,12).
Der Kirchengemeinderat der Emmaus-Kirchengemeinde hat sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Letztendlich haben wir uns darauf geeinigt, zukünftig einen Ewigen Weihnachtsbaum zu nutzen. Ein Exemplar aus Plastik kam für uns absolut nicht in Frage. Deshalb hat eine Gruppe 2020 einen Ewigen Weihnachtsbaum aus Holz gebaut. Wird dieser viele Jahre genutzt speichert er in dieser Zeit CO2 und trägt somit positiv zur Verlangsamung des Klimawandels bei.
Wir wissen, dass unser Verzicht auf einen grünen Baum nur ein kleiner Tropfen auf einem sehr heißen Stein ist. Allerdings mit einem großen symbolischen Wert: Wer, wenn nicht die Kirche, sollte sich denn das Thema "Schöpfung bewahren" zu eigen machen?!
Schon vor einigen Jahren hat die Emmaus-Kirchengemeinde Mut bewiesen, indem sie unter dem Motto "Schöpfung bewahren" eine Photovoltaik-Anlage auf das Dach des Gemeindehauses bauen ließ. Damals waren wir fast so etwas wie Pioniere, skeptisch beäugt von vielen Zweiflern. Heute wissen wir alle, dass es eine absolut richtige Entscheidung war.
Wer weiß: Vielleicht werden wir dereinst auch durch unseren Ewigen Weihnachtsbaum zu den Trendsettern in Bezug auf Baumerhalt gezählt werden...
Martin Wieprecht (KGR)